Festgefahren

“Eine männerfreie Gesellschaft ist möglich”

Das lese ich auf einem Plakat der Österreichischen Hochschülerschaft. Während einer von Studierenden selbst organisierten Lehrveranstaltung “Informatik und Geschlecht” haben wir darüber diskutiert. Wenn Sprechen Wirklichkeit schafft, praktiziert der Slogan nicht, was er – nach einer kurzen Überlegung – fordert.

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Hintergrundinformation

Eine Veranstaltung Ende des vergangenen Monats widmete sich dem Humanismus, der Ethik und interkulturellen Perspektiven.

Workshops, Vorstellung Forschungsvorhaben in den Arbeitkreisen “Ethik”, “Migration und Menschenrechte”, “Vergleichende Philosophie und humanistische Grundlagenforschung”, “Lateinamerikanische Identität im interkulturellen Diskurs”, Forum für Diplomand/Innen und Dissertant/Innen

Dies war die Ankündigung:

Das “Unterbewusste” dieses Symposium wird sichtbar, wenn man den blauen Hintergrund etwas genauer inspiziert. “Medizinethik” und “Wirtschaftsethik” sind deutlich zu lesen. Vom weissen Text überlagert sind so zentrale ethische Begriffe wie “Humankapital” und, damit es einen Bezug zum Humanismus hat, “Bildung von Humankapital”.

Wie heißt es so schön: “Vor dem Hintergrund meiner Überzeugungen …”.

Organisation einer Universität, nur wie?

“Organisationsplan neu: Erwartet uns eine Re-Demokratisierung der Universität Wien?” war der Titel der gestrigen Podiumsdiskussion, in der die Ergebnisse der Evaluation des Organisationsplans sowie die Frage diskutiert werden sollten: Welche Konsequenzen haben diese Ergebnisse für die künftige Struktur unserer Universität?

Zur Zusammenfassung der Statements hier klicken.

Vielleicht war das Re- etwas irreführend, weil es die Hoffnung in der Vergangenheit sieht. Weitere Überlegungen nach dem Break.

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Platon für Fußballfans

Die “Schaulustigen” in Platons Politeia hängen am Augenschein. Man kann sie einem sportfremden Publikum vergleichen, das sich im Fernsehen ansieht, wie zehntausende Menschen enthusiastisch 22 Männer beobachten, die aufgeregt hin- und herlaufen. Was ist an diesem Vorgang wichtig? Zuerst eine Totale, dann Großaufnahmen, Männer stürzen auf einen Haufen, dann wieder Übersichtsaufnahmen.

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In unseren Breiten ist der Ablauf nicht so fremdartig. Wir wissen, dass es sich um ein Fußballspiel handelt und sehen, dass ein Tor geschossen wird. (Wir sehen eine Kugel fliegen; wir sehen einen Kasten, in dem sie landet.) Das ist noch immer reichlich oberflächlich. Wer sich besser auskennt, sieht Spielzüge. Aber nicht unbedingt auf dem TV-Schirm. Spielzüge sind eine abstrakte Größe, man kann sie in einer graphischen Sequenz darstellen.

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Und nun, um platonisch zu fragen: Was ist ein Doppelpass?

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Über den Wassern …

… ein bisschen quatsch. Bei der Google Bildersuche habe ich heute “first cause” eingegeben. Ich dachte, ich finde eine schöne Skizze dazu für ein Referat. Worauf ich gestoßen bin, ist wohl eine der prägnantesten und trefflichsten Karikaturen zur ersten Ursache, auch wenn das Bild vermutlich nicht dafür erstellt wurde:

Einfach herrlich…

Sex am Arbeitsplatz

Wissendes Lächeln: eine Kollegin schaut Dir über die Schulter, während Dein Monitor eine Porno-Seite zeigt und Du verlegen stammelst: “Diese Adresse habe ich gar nicht gewählt.” Das kann aber wirklich passieren.

In der Vorbereitung fürt den nächsten Kongress der Österreichischen Gesellschaft für Philosophie gab es eine Diskussion über das nicht ganz taufrische ästhetische Konzept:

Wie kommt man an die Seitengestaltung heran, um ein Update zu versuchen? Der Quelltext zeigt, welche Vorlagen verwendet wurden.

Copyright (c) 2001 Thomas Brattli (webmaster@dhtmlcentral.com)

DHTML coolMenus – Get it at coolmenus.dhtmlcentral.com
Version 4.0_beta

This script can be used freely as long as all copyright messages are intact.
Extra info – Coolmenus reference/help – Extra links to help files ****

CSS help: http://coolmenus.dhtmlcentral.com/projects/coolmenus/reference.asp?m=37
General: http://coolmenus.dhtmlcentral.com/reference.asp?m=35
Menu properties: http://coolmenus.dhtmlcentral.com/properties.asp?m=47
Level properties: http://coolmenus.dhtmlcentral.com/properties.asp?m=48
Background bar properties: http://coolmenus.dhtmlcentral.com/properties.asp?m=49
Item properties: http://coolmenus.dhtmlcentral.com/properties.asp?m=50

Also wählt man die Hauptseite des Projekts http://coolmenus.dhtmlcentral.com/projects/coolmenus. Oops!

Es ist schon interessant, wie sich Pornographie in bei der Gestaltung philosophischer Webseiten bemerkbar macht.

Die Sprengkraft der Kausalität beim frühen Kant

Kontext: Diskussion um den Handschuh

Gerade lese ich ein Vorlesungsskript von Richard Heinrich “Kant und die Methode der Philosophie”, die das Thema um den Satz vom Widerspruch für mich ein wenig relativiert. Da zeigt sich, dass neben der logischen Entgegensetzung,  aus der ein Widerspurch und  damit “das Nichts” folgt (bzw. in modernen Logik-Systemen, jede beliebige Aussage), im Kontext mit dem Begriff der Kausalität eine andere Art von Entgegensetzung sichtbar wurde, wo aus der Entgegensetzung zwar eine Aufhebung erfolgt, die aber selbst etwas ist: die Realrepugnanz.

Wenn zwei Personen mit gleich großer Kraft an zwei entgegengesetzten Enden eines Seils ziehen, so ändern sie nicht ihre Position, weil die Kräfte entgegen gesetzt sind und sich gleichsam aufheben. Trotzdem ist nicht die eine Kraft richtig, die andere nichtig (wie das auf der logischen Ebene der Fall wäre), sondern beide sind etwas und ergeben sich zu 0, was selbst wieder etwas ist.

Kant interessiert hier nur der spezielle (harmonische?) Fall, wo sich die Kräfte zu 0 aufheben. So wie ich die Welt erlebe, sitzt aber meist eine Kraft am längeren Ast und zieht die andere zu sich; also eine gewisse Asymmetrie. (Vgl. Differenztheorie: Unterscheidung in zwei Seiten und Bezeichnung einer Seite; was Form/Inhalt  ablöst zugunsten Medium und Form)

Licht ins Dunkel

Parmenides ist in seinem Lehrgedicht an eine Grenze gewöhnlicher Satzbildung gestoßen. In Sätzen wird einem Subjekt etwas zugesprochen. Irgendetwas ist blau, entfernt, in Entwicklung. Kann man denken (oder sagen), dass es etwas gibt, dem keinerlei Zuschreibung zukommt? Etwas, dem es eigen ist, dass ihm nichts zukommt? Sehr abgekürzt und transformiert ausgedrückt: Kann man vom Nicht-Seienden sagen, dass es ist?

Die Konsequenzen wären tiefgehend. Es wäre unmöglich, “aus dem Sein zu fallen”. Die Gestalt unserer Sätze sieht keine prinzipielle Kehrtwendung vor. “So bleibt noch die Kunde des einzigen Weges: Das Sein ist.” Widerspruch zwecklos.

Platon hat das Thema im “Sophistes” aufgenommen und Parmenides kritisiert. Bewegung ist eine Mixtur zwischen sein und nicht sein.

Also ist ja notwendig das Nichtseiende (τὸ μὴ ὂν), sowohl an der Bewegung als in Beziehung auf alle andere Begriffe (κατὰ πάντα τὰ γένη).

Platon schwindelt allerdings ein wenig. Zwischen “Sein” und “Nichtsein” besteht ein glatter, dualer Gegensatz, der sich sprachlich in der ja/nein-Kontradiktion ausdrückt. (Das ist der Ein-Aus-Schalter). So läßt sich niemals die Bestimmtheit einzelner Dinge beschreiben. Sie ist differenziert. Um die Verschiedenheit zu beschreiben, benötigt man einen anderen Gebrauch der Negation.

GAST: Wenn wir Nichtseiendes sagen, so meinen wir nicht, wie es scheint, ein entgegengesetztes des Seienden, sondern nur ein verschiedenes.

ὁπόταν τὸ μὴ ὂν λέγωμεν, ὡς ἔοικεν, οὐκ ἐναντίον τι λέγομεν τοῦ ὄντος ἀλλ᾽ ἕτερον μόνον.

“enantion” ist der Gegensatz, “heteron” das Unterschiedliche. Am Gleitregler (im vorigen Beitrag) verdeutlicht heißt das: Auf einer Skala gibt es voneinander definit unterschiedliche Zustände, die alle im Bereich der Lichtstärke angesiedelt sind. Noch so dunkel, noch so hell – alles ist Licht. Zweitens gibt es Strom oder nicht Strom, hell oder dunkel. Sätze sind eine Doppelkonstruktion. Sie unterliegen der Logik der Affirmation und Negation, und sie bestehen aus Satzformen, die auf diverse Inhalte verweisen.

Der Handschuh

Raphael E. Bexten beginnt seine Rezension einer Heidegger-Dissertation mit einem amüsanten Zitat:

»›Ich kenne Deinen muffigen mittelalterlichen Satz vom Widerspruch. Esse et non-esse non possunt identificari. […] Aber der gilt nur jetzt. […] Nur im Augenblick. Es kann auch anders sein. Eines Tages wird Dein esse und Dein non-esse zusammengehen wie […] die Hand in einen Handschuh.‹«

Und er stellt diese Behauptung einem Zitat aus Heideggers “Wegmarken” gegenüber:

»Von der Metaphysik her begriffen (d. h. von der Seinsfrage aus in der Gestalt: Was ist das Seiende?) enthüllt sich zunächst das verborgene Wesen des Seins, die Verweigerung, als das schlechthin Nicht-Seiende, als das Nichts. Aber das Nichts ist als das Nichthafte des Seienden der schärfste Widerpart des bloß Nichtigen. Das Nichts ist niemals nichts, es ist ebensowenig ein Etwas im Sinne eines Gegenstandes; es ist das Sein selbst, dessen Wahrheit der Mensch dann übereignet wird, wenn er sich als Subjekt überwunden hat, und d. h., wenn er das Seiende nicht mehr als Objekt vorstellt.« (HEIDEGGER 2003, S.112f.)

Das Handschuh-Zitat beleuchtet, wenn man den Blickwinkel leicht korrigiert, die logischen Zusammenhänge präzise. Der Satz vom Widerspruch schließt aus, dass “sein” und “nicht sein” zusammen bestehen. Sie passen nicht zusammen. Wo ein Handschuh ist, kann nicht zugleich kein Handschuh sein. Und dennoch gilt auch: Sie passen sehr wohl zusammen, nämlich wie Handschuh und Hand. Das eine ist das Komplement des anderen.

Das ist die logischen Grundlage, die Heidegger mit sprachlichen Zaubereien ausmanövrieren will. Aus “nicht sein” wird Nichts und wo die Logik (nach Heidegger) nur Nichtiges ausmacht, wirkt das Nichts als Camouflage des Seins.

Daran ist verständlich, wohin schon der Handschuh weist. Im Rahmen der zweiwertigen Logik ist das Komplement einer Behauptung niemals unerheblich. Es ist im Gegenteil für ihr Funktionieren konstitutiv. Darüber kann man weiter phantasieren.